Deutschland steht inmitten umfassender Transformationsprozesse. Um unsere Rolle als drittgrößte Volkswirtschaft und innovatives Land zu behaupten, müssen wir die Potenziale der Digitalisierung jetzt heben.
Mit nur 18 Prozent Frauenanteil in IT-Berufen bleibt ein bedeutendes Potenzial jedoch ungenutzt. Frauen sind in technischen Berufen und Führungspositionen der Digitalwirtschaft weiterhin stark unterrepräsentiert. Komplexe Zuständigkeitsregelungen im Bildungssystem, hartnäckige Stereotype und fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten bremsen dringend notwendige Fortschritte aus. Das darf nicht so bleiben. Es braucht flächendeckenden und klischeefreien Informatikunterricht sowie eine gezielte MINT-Bildung, um Mädchen und Frauen bessere Karrierewege im Digitalbereich zu eröffnen. Zusätzlich müssen Einstiegsmöglichkeiten in neue digitale Tätigkeitsfelder geschaffen und das Potenzial dieser Frauen gezielt gefördert werden.
Die nächste Bundesregierung muss die Bedeutung von MINT-Kompetenzen und die Einbindung von Frauen in die Digitalisierung ins Zentrum rücken. Eine klare Strategie mit konkreten Zielen, Strukturen und Ressourcen ist notwendig, um den Frauenanteil im Digitalbereich signifikant zu steigern und den digitalen Wandel voranzutreiben.
Unsere Handlungsempfehlungen:
Es braucht einen bundesweit übergreifenden Plan für digitale Bildung in der Schule
Die Einführung eines bundesweiten Pflichtfachs Informatik ist dringend notwendig, um Schüler:innen für die digitalisierte Arbeitswelt fit zu machen. Informatik muss in Schulen sowohl flächendeckend wie auch mit der notwendigen fachlichen Tiefe vermittelt werden. Erst dann kann es zu einer Chancengerechtigkeit in der Bildung und Berufsorientierung beitragen.
Die nächste Bundesregierung muss im Rahmen eines neuen Aktionsplans „Digitale Bildung“ Anreize schaffen, um die Einführung und Stärkung von Informatik als Pflichtfach in allen Bundesländern schneller voranzutreiben. Es gilt einen be-sonderen Fokus auf die deutliche Steigerung der digitalen und informatischen Kompetenzen von Schüler:innen zu setzen und sie mit den Möglichkeiten einer klischeefreien Berufsorientierung zu verbinden. Dafür bedarf es einer abgestimmten und durchgängigen Bildungspolitik über alle Bildungsstufen sowie Bund, Länder und Kommunen hinweg.
Auf dem Weg hin zum flächendeckenden Informatikunterricht sollten die Schulen durch ihre Kultusministerien im Rahmen des Aktionsplans dabei unterstützt wer-den, im Bereich des Schulunterrichts die Zusammenarbeit mit außerschulischen Initiativen wie z. B. YouCodeGirls, der Hacker School, Schulewirtschaft oder dem Smart Factory Believers Programm zu intensivieren und Ganztagsprogramme auszubauen. Zusätzlich sollte der Bund sein Engagement fortsetzen, über die Stiftung Kinder forschen Informatikangebote gezielt in Kita und Schule zu bringen.
Attraktive digitale Berufsorientierung, Ausbildungs- und Studienangebote für Frauen
Trotz zahlreicher Initiativen und Förderprogramme bleibt das Potenzial junger Frauen in Informatik und Digitalisierung bisher weitgehend ungenutzt. Frauen sind in dualen IT-Ausbildungen (2–9 Prozent), bei Studienanfängerinnen (24 Prozent), Absolventinnen (22 Prozent) und IT-Beschäftigten (17 Prozent) stark unterrepräsentiert und verlassen die Branche überproportional häufig. Eine zukunftsfähige und nachhaltige Berufsorientierung ist ein entscheidender Hebel, um Mädchen und Frauen für Berufe in der IT zu gewinnen. Neben der Berufsorientierung sollte digitales Fachwissen integraler Bestandteil zahlreicher Ausbildungs- und Studienangebote werden, und dabei wiederum ein besonderer Fokus auf die gezielte Ansprache von Mädchen und Frauen gelegt werden.
In ihrem Aktionsplan muss die nächste Bundesregierung im engen Schulterschluss mit den anderen Aktionspartnern aus Politik, Bildung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen verbindlichen Maßnahmenkatalog entwickeln. Wichtige Handlungsfelder sind dabei die regionale Vernetzung der Aktionspartner, Kooperationen zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen sowie eine klischeefreie Berufsorientierung und Beratung. Die Wirksamkeit der festgelegten Maßnahmen und Ziele sollte durch regelmäßige Fortschrittsberichte überprüft werden, um Transparenz und nachhaltige Erfolge zu gewährleisten.
Einstieg in verschiedenen Lebensphasen fördern
Eine Neuausrichtung und bessere Koordinierung klassischer Bildungswege sind zwingend, werden aber allein nicht ausreichen, um den digitalen Wandel rechtzeitig zu bewältigen. Der Einstieg von Frauen in digitale Tätigkeitsfelder in verschiedenen Lebensphasen und mit unterschiedlichem Hintergrund muss daher systematisch und konsequent gefördert werden. Quereinstiege, niedrigschwellige Angebote für neue Zielgruppen und digitales Upskilling sind essenziell, um den Fachkräftemangel zügig zu begegnen, Diversität zu fördern und die Innovationskraft des Standorts zu stärken. Allerdings fehlt bislang ein übergreifendes und wirksames Gesamtkonzept der Bundesregierung.
Die neue Bundesregierung muss ressortübergreifend mit Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten, um tragfähige Strukturen für erleichterte Bildungs-, Weiterbildungs-, (Quer-) einstiegsmöglichkeiten zu schaffen. Dazu gehören nutzerfreundliche Informationsangebote sowie niedrigschwellige Weiterbildungsoptionen und weitere Unterstützung für Gründerinnen.
Die Bundesregierung muss in der kommenden Legislaturperiode eine deutlich stärkere und zentralere Rolle einnehmen, um gemeinsam mit weiteren Akteuren ein umfassendes und kohärentes Konzept zu entwickeln, das Mädchen und Frauen die Chancen digitaler Tätigkeiten besser und nachhaltiger ergreifen lässt.