10-Punkte-Plan für ein zukunftsfähiges Deutschland

Die Digitalisierung ist das größte Wohlstands- und Fortschrittsversprechen seit der Industrialisierung und beeinflusst alle Gesellschaftsbereiche. Daher müssen Frauen bei allen Entscheidungen und ihrer Gestaltung mit am Tisch sitzen. Wichtig ist dies sowohl in Fragen der sozialen Gerechtigkeit und mündigen Teilhabe als auch, um den Wirtschafts und Innovationsstandort Deutschland zu sichern und wettbewerbsfähig zu halten.

Unser Ziel ist es, das Thema Frauen in der Digitalisierung in dieser Legislaturperiode und bei der Bundesregierung noch prominenter auf die Agenda zu setzen. 

1. Frühkindliche digitale Förderung und Lehre, die Kinder nachhaltig begeistert

Wir fordern Informatik für alle

Mädchen müssen von klein auf ganz natürlich und gestaltend mit Digitalisierung in Kontakt kommen und ihre eigenen digitalen Kompetenzen (wie z. B. Kreativität, Neugier, Kommunikations- und Analysefähigkeiten, Programmieren) erleben und darin gefördert werden. Bestehende Projekte wie beispielsweise die Stiftung »Haus der kleinen Forscher« können erweitert und erfolgreiche Konzepte noch stärker auf den digitalen Bereich übertragen werden. Darüber hinaus fordern wir, das Schulfach Informatik flächendeckend einzuführen. Frauen und Männer sollten zu Genderstereotypen in der Informatik verpflichtend sensibilisiert und zu Multiplikator:innen für digitale Themen aus- und fortgebildet werden. Insbesondere Erzieher:innen und Lehrkräfte sollten zu diesen Zusatzqualifikationen ermutigt werden.

2. Bildungsinhalte und -materialien an Digitalisierungsbedarfe anpassen und gendersensibel gestalten

Wir fordern Modellprojekte in den Schulen

Es braucht verpflichtende Richtlinien für gendersensible Schulbücher. Digitale Ausbildungsberufe müssen bei Mädchen bekannt und als selbstverständliche Alternative, statt als Ausnahme wahrgenommen und attraktiv gemacht werden, z. B. indem man Rollenvorbilder schafft und aufzeigt. Daneben sind bestehende schulische und außerschulische Mentoring-Programme mit IT-Bezug und Coding-Initiativen für Mädchen und Frauen besser zu vernetzen, in der Fläche auszubauen und ggf. neu zu schaffen (z. B. anhand der MINT-Cluster aus dem MINT-Aktionsplan). Damit Mädchen ihre Chancen in der Digitalisierung ergreifen können, muss die schulische Bildung schnellstmöglich digitaler und diverser werden. Die notwendige Geschwindigkeit und einheitliche Standards können nur mithilfe deutschlandweiter Aktivitäten erreicht werden. Wir sehen Potenzial für schulische und außerschulische Maßnahmen zur Förderung beim Bund und den Ländern (z. B. BMBF, KMK). Ziel ist es, dass alle Schulen gute Ideen schnell und unkompliziert umsetzen und von erfolgreichen Modellprojekten – z. B. im Bereich der Monoedukation – profitieren können. Hierzu ist es erforderlich, dass Maßnahmen evaluiert, Best-Practices erarbeitet und daraus Leitfäden für Schulen erstellt werden (bspw. durch das BMBF bzw. die bundesweite MINT-Vernetzungsstelle, die alle relevanten Akteure in der MINT-Bildung zusammenbringt).

3. Digitale Ausbildungen und Jobs für Frauen attraktiv machen

Wir fordern, Inhalte stärker auf Frauen auszurichten

Informatik-Studiengänge müssen interdisziplinär ausgerichtet und Querschnittsfächer besser beworben werden, um mehr Frauen z. B. für Bioinformatik, Sozioinformatik oder medizinische Informatik zu gewinnen. Umgekehrt müssen digitale Themen in anderen Studiengängen aufgenommen werden, um die hohe Relevanz zu zeigen. Daneben sollten auch digitale Studienangebote und Weiterbildungen entwickelt werden, die sich ausschließlich an Frauen richten und gezielt Stipendien für Frauen in IT oder IT-nahen Studiengängen und Ausbildungen angeboten werden (auch durch Unterstützung und Angebote von Arbeitgebern).

Eine Vernetzung von Studentinnen mit Unternehmen sollte weiter ausgebaut werden. Zusätzlich braucht es mehr Mentoring-Programme in IT- und IT-nahen Fächern sowie Entrepreneurship-Zentren für Frauen. Das Modell von Schnupperstudien zum Kennenlernen von Universitäten und Unternehmen (z. B. Niedersachsen-Technikum) kann Vorbild für weitere Hochschulen sein. Universität sollten Absolventinnen IT-Grundkenntnisse vermitteln und Bewerbungstrainings anbieten, um zu Bewerbungen zu ermutigen und Hemmschwellen abzubauen. Sie sind bisher z.B. damit verbunden, dass gewisse IT-Grundkenntnisse in einem Job erforderlich sind. Universität sollten Absolventinnen IT-Grundkenntnisse vermitteln und Bewerbungstrainings anbieten, um zu Bewerbungen zu ermutigen und Hemmschwellen abzubauen. Sie sind bisher z.B. damit verbunden, dass gewisse IT-Grundkenntnisse in einem Job erforderlich sind.

4. Frauen in der digitalen Wissenschaft fördern

Wir fordern mehr Frauen an den Hochschulen

Einerseits müssen weibliche Vorbilder in digitalisierungsrelevanten Disziplinen sichtbar werden, andererseits müssen wir von Anfang an mehr Frauen in die Wissenschaft holen. Um mehr Frauen auf Informatikprofessuren zu berufen, müssen wir sie früh im Informatikstudium fördern. Besonders an der Schnittstelle zwischen Digitalisierung und den Bildungswissenschaften sollten mehr Frauen auf Professuren in der Lehrkräftebildung berufen werden und diese deutlich besser finanziert werden, um den Gender Data Gap zu schließen. Das Professorinnenprogramm von Bund und Ländern hat hierzu bereits beigetragen und sollte fortgesetzt werden. MINT-Professorinnen tragen als Rolemodels und als Lehrende ebenso zur Erhöhung der Attraktivität eines MINT-Studiengangs für junge Frauen bei. Der BMBF-Förderschwerpunkt »Innovative Frauen im Fokus« kann hier Modellprojekt sein. Nicht zuletzt sollten Forschungsförderprogramme den Frauenanteil des Antragsteams zu einem festen Vergabekriterium machen.

5. Frauen in Digitaljobs erfolgreich verstetigen

Wir fordern moderne Arbeitsplätze

Frauen (und Männer) sollten bei Eintritt in die Familienphase ab Beginn der Schwangerschaft aktiv von ihren Arbeitgebern unterstützt werden, sodass sie ihren Digital-/IT-Job nicht aufgeben. Dazu brauchen wir neben einem Kulturwandel in Unternehmen, um ein besseres Arbeitsumfeld für Eltern zu schaffen, flächendeckend verfügbare, flexible und qualitativ hochwertige Betreuungsplätze für Kleinkinder. Ebenso brauchen wir flexible Arbeitszeitmodelle für die gesamte Belegschaft und auf allen Ebenen, welche die Vereinbarkeit von Job und Familie unterstützen. Dabei ist es nötig, dass diese flexiblen Arbeitsmodelle durch steuerliche Anreize gefördert werden (z. B. Homeofficekosten und Kinderbetreuungskosten steuerlich in größerem Umfang abzugsfähig machen).

6. Digitalgründerinnen stärken

Wir fordern paritätisch besetzte Vergabegremien und mehr Frauen in VC-Fonds

Digitalgründerinnen müssen sichtbarer werden, um Vorbilder sein zu können. Der Staat muss insbesondere Startups mit Gründerinnen und gemischten Teams besser finanziell fördern. In den öffentlichen Programmen sollte es eigene Förderrichtlinien für Startups geben, die sich um Diversität bemühen. Es braucht zugleich mehr Investorinnen in Venture Capital Fonds. Ein selbstverpflichtendes Reporting für Venture Capital Fonds zur Anzahl geförderter Startups von und mit Frauen macht die Investitionen für alle transparenter.

7. Frauen in allen Lebenslagen zu digitalen Expertinnen weiterentwickeln und fördern

Wir fordern einen besseren Quereinstieg

Wir brauchen bessere Informationsangebote zu Weiterentwicklungsmöglichkeiten im Digitalsektor sowie finanzielle Förderungen für Quereinsteigerinnen in die IT-Branche und ins Informatik-Lehramt, um solche Aus- und Weiterbildungen niedrigschwellig anbieten zu können. Entsprechende Aktivitäten, die in der nationalen Weiterbildungsstrategie stecken oder mit der Nationalen Bildungsplattform und Digitalisierung der Weiterbildung angestrebt werden, sollten entsprechend weiter unterstützt werden. Ein besserer Quereinstieg bedeutet insbesondere auch, dass das Qualifizierungschancengesetz mit Blick auf Frauen in digitalen Berufen evaluiert und ggf. angepasst werden muss.

8. Frauen aus der Digitalisierung in die Öffentlichkeit bringen und mediale Genderdiskriminierung bekämpfen

Wir fordern mehr sichtbare Rolemodels

Das geht nur durch die verstärkte Darstellung von Digitalfrauen in den Medien, auf nationalen und internationalen Panels und in der Werbung. Gleichzeitig müssen Frauen gegen Onlineanfeindungen geschützt und Medienalgorithmen auf Genderdiskriminierung überprüft werden. Besonders in der Technikwerbung müssen Genderstereotye verschwinden.

9. Mehr Diversität in der Vergabepraxis

Wir fordern mehr Frauen in der Vergabepraxis

Bei der öffentlichen Beschaffung von digitalen Produkten und KI-Systemen für die Verwaltung sollten produktbezogene genderneutrale Kriterien eingesetzt werden. Gremien der öffentlichen Hand, die über die Vergabe von Aufträgen entscheiden, sollen divers besetzt sein. Darüber hinaus sollten u. a. Leitfäden zur Orientierung für die Verwaltung entwickelt werden. Ähnlich wie in Unternehmen muss auch in der Verwaltung auf eine gendergerechte Außendarstellung geachtet werden.

 

10. Digitalpolitik durch Frauen – daher feste Verzahnung von (digital-)politischen Maßnahmen in allen Ressorts und Themenfeldern

Wir fordern Frauen und Digitalpolitik zusammenzudenken

Den regulatorischen Rahmen für die digitale Transformation Deutschlands sowie digitale Schlüsselprojekte müssen Frauen und damit Politikerinnen und auch Mitarbeiterinnen in der öffentlichen Verwaltung mitgestalten. Progressive Projekte zur Förderung von Frauen in der Digitalisierung müssen ganzheitlich in Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Finanz- und Bildungspolitik verankert werden. Notwendig ist dafür zum einen eine feste Verzahnung von (digital-)politischen Maßnahmen in allen Ressorts und Themenfeldern. Digitalkompetenz wird im kleinen Betrieb auf dem Land, bei den Hidden Champions im Mittelstand und bei den ganz großen DAX Konzernen gebraucht, im Bürgermeister:innenamt ebenso wie im Bundesministerium. Zum anderen muss die Förderung von Frauen in der Digitalisierung in allen Ministerien (Bund wie Land) verankert und gelebte Praxis werden. Statt Nischenreferate zu schaffen, rufen wir dazu auf, dass die Stärkung von Frauen und Sensibilität für Chancengerechtigkeit in allen Bereichen verankert und mitgedacht wird. Dies muss ganz besonders in den Bildungsministerien auf Landesebene fortgesetzt werden, weil hier Schlüsselentscheidungen für die schulische Bildung getroffen werden.